Montag, 21. November 2016

Erlebnis mit lebendigem Wasser 1999
 
Während der Jahrtausendwende fuhr ich im Herbst zur Kur nach Bad Schwalbach. Das gesamte Personal strengte sich dort richtig an, um unseren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Vom Koch bis zum Chefarzt gaben sie also ihr Bestes und ich konnte die vorzüglichen Anwendungen drei Monate lang bei herrlich warmem Wetter genießen. In den Behandlungspausen entspannte ich mich bei Sonnenschein des Öfteren auf der Dachterrasse mit wundervollem Ausblick.
Die Klinik lag auf einem Berg, und wir Kurgäste liefen in kleinen Gruppen fast täglich die geschlängelten Pfade nach Bad Schwalbach hinab, schauten uns das malerische Städtchen an, saßen in Straßencafés, tranken dies und das oder schleckten Eis. Mit Ansichtskarten für die Lieben zu hause bewaffnet traten wir  dann den Rückweg an, um wieder rechtzeitig am reichhaltigen Abendbuffet teilzunehmen.
In dieser Zeit schloss ich enge Freundschaft mit einer Frau,die ebenfalls zur Kur kam.  Wir schrieben uns noch Jahre später Briefe oder besuchten uns gegenseitig.Leider verstarb sie bereits vor einiger Zeit.
Was mich am meisten freute: neben der  Beschäftigungstherapie mit Töpferkursen und Seidenmalerei gab es freie Tanzkurse und einen Chor, welchen die Frau des Chefarztes persönlich leitete. Durch sie bekamen wie die Gelegenheit, in einer alten, holzgetäfelten Kirche aufzutreten.  Im Chor sangen wir dann Lieder wie  „ Heaven is a wonderful place, filled with mercy and grace. I want to go there, do wa, do wa wab!”
Viele Frauen hatten damals Probleme mit ihren Partnern. Sei es, dass der Ehemann sie schlug, oder sie waren außereheliche Verbindungen eingegangen. Die mit mir eng befreundete Frau, sehr christlich eingestellt, hatte aus diesem Grund ihre außereheliche Freundschaft beendet. Sie beschrieb es einmal so: „Ich musste mir diesen Freund regelrecht aus dem Herzen reißen, denn ich wollte nicht länger in dieser Sündhaftigkeit verharren.“
Ich war zwar nur im Geiste in einen verheirateten Mann verliebt, konnte ihn aber einfach nicht aus meinem Kopf herausbekommen. Damit peinigte ich mich jahrelang unentwegt.
Als ich damals wieder einmal völlig trostlos über diese Situation im Kurhotel in meinem Zimmer saß, nahm ich ein Johannesevangelium zur Hand, welches auf meinem Nachttisch lag, und begann darin zu lesen. Es handelte sich um die Geschichte von der Samariterin, die Jesus am Brunnen trifft. Er erzählte ihr alles, was sie bisher erlebte, und sie wunderte sich sehr, wie er über ihr Leben so gut bescheid wusste, ohne sie überhaupt zu kennen. Auch von der Rastlosigkeit in ihren Beziehungen zu Männern wusste er und bot ihr lebendiges Wasser an, um ihren Durst zu stillen.
Dieses Evangelium war mit Kommentaren versehen und darin stand geschrieben: "Wenn auch du durstig bist, so bitte Gott um dieses lebendige Wasser!"
So wie ich gerade auf dem Stuhl saß, bat ich darum und ein großer Schwall durchströmte mich augenblicklich.
Alle Kurgäste  riefen am nächsten Tag sehr erstaunt:" Du siehst aus wie  Phönix aus der Asche erstanden!" Und so fühlte ich mich wirklich: durch Gottes Hilfe überwand ich endlich diese ehebrecherischen, selbstzerstörerischen Gedanken.
Ein Kurgast nahm mich kurz darauf mit auf einen Ausflug zu einer Flugschule an der Mosel. Er wollte dort seinen Flugschein erneuern. Sein Fluglehrer kreiste mit mir anschließend eine halbe Stunde über dem meandernden Flussverlauf, und ich fühlte mich selbst frei wie ein Vogel. Mein Entschluss stand fest: ich will auch fliegen lernen!
Bisher habe ich es leider nur bis an den Flugsimulator geschafft. Das unangenehme an diesem Ausflug war die Rückfahrt zur Klinik. Mein Mitpatient raste wie wahnsinnig, mit  über 200 km/h immer auf der Überholspur, nur um pünktlich zum Abendessen zu kommen. Ich stieg stocksteif vor Anspannung aus dem Wagen. Noch unterwegs überlegte ich ernsthaft, ob es nicht besser wäre,  zurück zu trampen, zumal dieser Mann auch noch ein Alkoholproblem zu haben schien.  Er klopfte später an diesem Abend noch vergeblich an meine Zimmertür und wurde wenig später wegen Randale nach hause geschickt.
Mit mir meinte es der Kurarzt dagegen sehr gut, denn er verordnete mir Massagen, Moorbäder und Fango, was meinen Blutdruck erheblich absinken ließ.
Auf jeden Fall ging es mir zum Ende der Kur immer schlechter und ich bekam urplötzlich als ich im Bett lag einen heftigen Schmerz im mittleren Brustkorbbereich.
In Todesangst l rief ich zu Gott: „ Bitte hilf mir im Namen Jesu!“
Gott sei Dank hörte dieser Schmerz so urplötzlich, wie er kam auch  wieder auf.
Manchmal denke ich: fast hätte mir diese unglückliche Liebesgeschichte das Herz gebrochen, aber nur fast!
Zu hause zurück  hielt ich deshalb  Abstand zu diesem Mann und seiner Familie, mit der ich früher viele schöne Momente erlebte, denn beide Eltern sind Musiker , spielen Geige und Klavier. Ich kochte damals unsere Mahlzeiten oder rührte mit den Kindern öfter mal einen Kuchenteig an. Aus heutiger Sicht halte ich meinen Rückzug für das einzig Richtige. So entschied ich mich auch gegen eine gemeinsame Reise ans Meer ins Ferienhaus der Familie.
In dieser Situation bedeutete Verzicht auf diesen Mann das einzig Richtige. Ich hätte mich nur weiter hoffnungslos darin verstrickt, wie es auch heißt im Markusevangelium Kap.7 ab Vers 15: „ Nichts, was von außen in einen Menschen hinein geht, kann ihn verunreinigen, denn es geht nur in die Eingeweiden und in den Abort und nicht in sein Herz, aber das was von einem Menschen hinaus geht, verunreinigt ihn durch Hurerei, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Neid, Lästerung, Unvernunft und Hochmut.“
Beitrag zum Thema Ausbeutung
 
Die nun folgenden Sätze halte ich für die wichtigsten und es liegt mir sehr viel daran, sie niederzuschreiben. Früher hatte ich nie großes Verlangen, Amerika zu besuchen. Erstens, wegen des Unrechts, dass den Ureinwohnern dort angetan wurde und zweitens wegen seiner kapitalistischen Gedanken zum Thema Ausbeutung und Wirtschaftsform, die in andere Länder, z.B. Chile rücksichtslos exportiert wurde. (11. September 1873 der Sturz Aliendes)
Alle  Reformen Allendes wurden mit amerikanischer Hilfe durch Pinochet augenblicklich beendet. Die Leidtragenden waren das chilenische Volk und  unzählige Gefangene, sowie die zu Tode Gefolterten, darunter ein bekannter Musiker, Victor Jara.
Wie ist die Situation in unserem eigenen Land? Hat sich seit der Wiedervereinigung wesentliches zum Positiven verändert oder werden im krassen Gegensatz nur noch mehr Menschen durch immer straffer werdende Produktionsprozesse jeden Tag verheizt?
Es wäre eine Studie für sich, ein Anwachsen des Burn-Out-Syndroms während der letzten Jahre nachzuweisen. Man ist schnell mit der gängigen Meinung zur Hand:  "Diese Arbeitslosen, das sind doch alles bloß Sozialschmarotzer! Die müssen erst mal richtig  arbeiten lernen, anstatt sich auf ihrer faulen Haut jeden Tag auszuruhen!“
Aber sehen wir uns Arbeitslose einmal näher an, werden wir entdecken: die wenigsten akzeptieren ihren tiefen sozialen Abstieg, im Gegenteil – sie leiden spürbar an gesellschaftlicher Ausgrenzung und wollen gern in ihrem früheren Beruf weiterarbeiten, aber es gibt einfach zu wenige Arbeitsplätze für alle.

„Ist das von unserem System so gewollt?“ frage ich mich. „Müssen sich einige in Zukunft bis 67 oder sogar 70  täglich zur Arbeit schleppen, während die anderen eine Anstellung bitter nötig hätten?“
Natürlich existieren auch jene, die aus Protest gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen lieber daheim bleiben und evtl. schwarz ihr Einkommen aufbessern.
Wie wäre es, wenn wir gemeinsam aufstehen und uns lebenswerte Bedingungen erkämpfen? Nicht umsonst streiken viele Berufssparten. Ende der 80er Jahre im Sudan sah ich, wie die wirtschaftlichen Verhältnisse ständig bergab gingen. Die Mutter einer Nachbarsfamilie bestätigte mir: „ Vor einigen Jahren kamen wir mit dem Gehalt meines Mannes gut aus, jetzt reicht das Geld gerade mal bis zur Monatsmitte.“ Ich dachte: „ Hoffentlich kommt solch eine Situation nie bis zu uns!“
Heute wissen wir, wenn wir nach Südeuropa schauen – die Krise ist längst bei uns angekommen.
So behaupten einige Wissenschaftler : „Es gibt genug Lebensmittel für alle. Das Problem liegt nur in  gerechterer Verteilung.“ Der Gedanke, Eltern und ihre Kinder sterben, weil sie im falschen Land geboren wurden, ist unerträglich.
Helfen wir ihnen wirklich, indem unsere Produkte in Afrika verkauft werden? Ganz im Gegenteil- der einheimische Markt wird gestärkt, wenn sie selber das was sie herstellen, verkaufen können. Als Folge kommen weniger Flüchtlinge über das Mittelmeer zu uns.