Montag, 21. November 2016

Erlebnis mit lebendigem Wasser 1999
 
Während der Jahrtausendwende fuhr ich im Herbst zur Kur nach Bad Schwalbach. Das gesamte Personal strengte sich dort richtig an, um unseren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Vom Koch bis zum Chefarzt gaben sie also ihr Bestes und ich konnte die vorzüglichen Anwendungen drei Monate lang bei herrlich warmem Wetter genießen. In den Behandlungspausen entspannte ich mich bei Sonnenschein des Öfteren auf der Dachterrasse mit wundervollem Ausblick.
Die Klinik lag auf einem Berg, und wir Kurgäste liefen in kleinen Gruppen fast täglich die geschlängelten Pfade nach Bad Schwalbach hinab, schauten uns das malerische Städtchen an, saßen in Straßencafés, tranken dies und das oder schleckten Eis. Mit Ansichtskarten für die Lieben zu hause bewaffnet traten wir  dann den Rückweg an, um wieder rechtzeitig am reichhaltigen Abendbuffet teilzunehmen.
In dieser Zeit schloss ich enge Freundschaft mit einer Frau,die ebenfalls zur Kur kam.  Wir schrieben uns noch Jahre später Briefe oder besuchten uns gegenseitig.Leider verstarb sie bereits vor einiger Zeit.
Was mich am meisten freute: neben der  Beschäftigungstherapie mit Töpferkursen und Seidenmalerei gab es freie Tanzkurse und einen Chor, welchen die Frau des Chefarztes persönlich leitete. Durch sie bekamen wie die Gelegenheit, in einer alten, holzgetäfelten Kirche aufzutreten.  Im Chor sangen wir dann Lieder wie  „ Heaven is a wonderful place, filled with mercy and grace. I want to go there, do wa, do wa wab!”
Viele Frauen hatten damals Probleme mit ihren Partnern. Sei es, dass der Ehemann sie schlug, oder sie waren außereheliche Verbindungen eingegangen. Die mit mir eng befreundete Frau, sehr christlich eingestellt, hatte aus diesem Grund ihre außereheliche Freundschaft beendet. Sie beschrieb es einmal so: „Ich musste mir diesen Freund regelrecht aus dem Herzen reißen, denn ich wollte nicht länger in dieser Sündhaftigkeit verharren.“
Ich war zwar nur im Geiste in einen verheirateten Mann verliebt, konnte ihn aber einfach nicht aus meinem Kopf herausbekommen. Damit peinigte ich mich jahrelang unentwegt.
Als ich damals wieder einmal völlig trostlos über diese Situation im Kurhotel in meinem Zimmer saß, nahm ich ein Johannesevangelium zur Hand, welches auf meinem Nachttisch lag, und begann darin zu lesen. Es handelte sich um die Geschichte von der Samariterin, die Jesus am Brunnen trifft. Er erzählte ihr alles, was sie bisher erlebte, und sie wunderte sich sehr, wie er über ihr Leben so gut bescheid wusste, ohne sie überhaupt zu kennen. Auch von der Rastlosigkeit in ihren Beziehungen zu Männern wusste er und bot ihr lebendiges Wasser an, um ihren Durst zu stillen.
Dieses Evangelium war mit Kommentaren versehen und darin stand geschrieben: "Wenn auch du durstig bist, so bitte Gott um dieses lebendige Wasser!"
So wie ich gerade auf dem Stuhl saß, bat ich darum und ein großer Schwall durchströmte mich augenblicklich.
Alle Kurgäste  riefen am nächsten Tag sehr erstaunt:" Du siehst aus wie  Phönix aus der Asche erstanden!" Und so fühlte ich mich wirklich: durch Gottes Hilfe überwand ich endlich diese ehebrecherischen, selbstzerstörerischen Gedanken.
Ein Kurgast nahm mich kurz darauf mit auf einen Ausflug zu einer Flugschule an der Mosel. Er wollte dort seinen Flugschein erneuern. Sein Fluglehrer kreiste mit mir anschließend eine halbe Stunde über dem meandernden Flussverlauf, und ich fühlte mich selbst frei wie ein Vogel. Mein Entschluss stand fest: ich will auch fliegen lernen!
Bisher habe ich es leider nur bis an den Flugsimulator geschafft. Das unangenehme an diesem Ausflug war die Rückfahrt zur Klinik. Mein Mitpatient raste wie wahnsinnig, mit  über 200 km/h immer auf der Überholspur, nur um pünktlich zum Abendessen zu kommen. Ich stieg stocksteif vor Anspannung aus dem Wagen. Noch unterwegs überlegte ich ernsthaft, ob es nicht besser wäre,  zurück zu trampen, zumal dieser Mann auch noch ein Alkoholproblem zu haben schien.  Er klopfte später an diesem Abend noch vergeblich an meine Zimmertür und wurde wenig später wegen Randale nach hause geschickt.
Mit mir meinte es der Kurarzt dagegen sehr gut, denn er verordnete mir Massagen, Moorbäder und Fango, was meinen Blutdruck erheblich absinken ließ.
Auf jeden Fall ging es mir zum Ende der Kur immer schlechter und ich bekam urplötzlich als ich im Bett lag einen heftigen Schmerz im mittleren Brustkorbbereich.
In Todesangst l rief ich zu Gott: „ Bitte hilf mir im Namen Jesu!“
Gott sei Dank hörte dieser Schmerz so urplötzlich, wie er kam auch  wieder auf.
Manchmal denke ich: fast hätte mir diese unglückliche Liebesgeschichte das Herz gebrochen, aber nur fast!
Zu hause zurück  hielt ich deshalb  Abstand zu diesem Mann und seiner Familie, mit der ich früher viele schöne Momente erlebte, denn beide Eltern sind Musiker , spielen Geige und Klavier. Ich kochte damals unsere Mahlzeiten oder rührte mit den Kindern öfter mal einen Kuchenteig an. Aus heutiger Sicht halte ich meinen Rückzug für das einzig Richtige. So entschied ich mich auch gegen eine gemeinsame Reise ans Meer ins Ferienhaus der Familie.
In dieser Situation bedeutete Verzicht auf diesen Mann das einzig Richtige. Ich hätte mich nur weiter hoffnungslos darin verstrickt, wie es auch heißt im Markusevangelium Kap.7 ab Vers 15: „ Nichts, was von außen in einen Menschen hinein geht, kann ihn verunreinigen, denn es geht nur in die Eingeweiden und in den Abort und nicht in sein Herz, aber das was von einem Menschen hinaus geht, verunreinigt ihn durch Hurerei, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Neid, Lästerung, Unvernunft und Hochmut.“
Beitrag zum Thema Ausbeutung
 
Die nun folgenden Sätze halte ich für die wichtigsten und es liegt mir sehr viel daran, sie niederzuschreiben. Früher hatte ich nie großes Verlangen, Amerika zu besuchen. Erstens, wegen des Unrechts, dass den Ureinwohnern dort angetan wurde und zweitens wegen seiner kapitalistischen Gedanken zum Thema Ausbeutung und Wirtschaftsform, die in andere Länder, z.B. Chile rücksichtslos exportiert wurde. (11. September 1873 der Sturz Aliendes)
Alle  Reformen Allendes wurden mit amerikanischer Hilfe durch Pinochet augenblicklich beendet. Die Leidtragenden waren das chilenische Volk und  unzählige Gefangene, sowie die zu Tode Gefolterten, darunter ein bekannter Musiker, Victor Jara.
Wie ist die Situation in unserem eigenen Land? Hat sich seit der Wiedervereinigung wesentliches zum Positiven verändert oder werden im krassen Gegensatz nur noch mehr Menschen durch immer straffer werdende Produktionsprozesse jeden Tag verheizt?
Es wäre eine Studie für sich, ein Anwachsen des Burn-Out-Syndroms während der letzten Jahre nachzuweisen. Man ist schnell mit der gängigen Meinung zur Hand:  "Diese Arbeitslosen, das sind doch alles bloß Sozialschmarotzer! Die müssen erst mal richtig  arbeiten lernen, anstatt sich auf ihrer faulen Haut jeden Tag auszuruhen!“
Aber sehen wir uns Arbeitslose einmal näher an, werden wir entdecken: die wenigsten akzeptieren ihren tiefen sozialen Abstieg, im Gegenteil – sie leiden spürbar an gesellschaftlicher Ausgrenzung und wollen gern in ihrem früheren Beruf weiterarbeiten, aber es gibt einfach zu wenige Arbeitsplätze für alle.

„Ist das von unserem System so gewollt?“ frage ich mich. „Müssen sich einige in Zukunft bis 67 oder sogar 70  täglich zur Arbeit schleppen, während die anderen eine Anstellung bitter nötig hätten?“
Natürlich existieren auch jene, die aus Protest gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen lieber daheim bleiben und evtl. schwarz ihr Einkommen aufbessern.
Wie wäre es, wenn wir gemeinsam aufstehen und uns lebenswerte Bedingungen erkämpfen? Nicht umsonst streiken viele Berufssparten. Ende der 80er Jahre im Sudan sah ich, wie die wirtschaftlichen Verhältnisse ständig bergab gingen. Die Mutter einer Nachbarsfamilie bestätigte mir: „ Vor einigen Jahren kamen wir mit dem Gehalt meines Mannes gut aus, jetzt reicht das Geld gerade mal bis zur Monatsmitte.“ Ich dachte: „ Hoffentlich kommt solch eine Situation nie bis zu uns!“
Heute wissen wir, wenn wir nach Südeuropa schauen – die Krise ist längst bei uns angekommen.
So behaupten einige Wissenschaftler : „Es gibt genug Lebensmittel für alle. Das Problem liegt nur in  gerechterer Verteilung.“ Der Gedanke, Eltern und ihre Kinder sterben, weil sie im falschen Land geboren wurden, ist unerträglich.
Helfen wir ihnen wirklich, indem unsere Produkte in Afrika verkauft werden? Ganz im Gegenteil- der einheimische Markt wird gestärkt, wenn sie selber das was sie herstellen, verkaufen können. Als Folge kommen weniger Flüchtlinge über das Mittelmeer zu uns.

Montag, 24. Oktober 2016

Ergänzung zum Thema Ausbeutung
 
Stevie Wonder wünschte sich zum 65. Geburtstag:  
Schreibt alle Love-Songs!              

Ist das die Lösung? Laßt uns gemeinsam überlegen, wie wir alle auf unserem Planeten gut leben können? Im Zeitalter der globalen Vernetzung ist das keine Schwierigkeit!
Hier ein Vers aus Epheser 5.2:
Lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch.

Mein Umzug vom Südschwarzwald 2004

Bei gutem Wetter sah ich von meinem Arbeitsplatz als Krankengymnastin direkt auf die Dächer von Basel, weil das Kandertal, in dem die Klinik lag, nach Süden hin geöffnet vor mir lag.
Die Kurklinik thronte sehr malerisch mitten auf einem Berg. Im Winter, wenn der Schnee in dicken Flocken vom Himmel fiel, verwandelte sich die dicht bewaldete Berglandschaft in eine märchenhafte Kulisse.

Eines Tages, es war im Sommer 2004 in meiner Pause , ich telefonierte gerade mit meiner Tochter in Hof/ Bayern, doch plötzlich hörte ich ein gewaltiges Grollen, welches sich stetig zu nähern schien.
Zuerst dachte ich an ein Gewitter, aber das vermeintliche Donnergrollen ertönte pausenlos. Immer nur dieses krachende, polternde Geräusch, welches mich langsam beunruhigte. Mitten im Grübeln klappte plötzlich die Zimmertür hin und her! Gleich darauf kippte ich urplötzlich in meinem Sessel vor und zurück und dann knallten auch schon die Fenster auf und zu. Jetzt erst begriff ich: das ganze Haus wurde soeben von einer Erdbebenwelle erschüttert. Bevor ich mich recht besann, war der Spuk auch schon  vorbei.                            Das Klinikgebäude hatte dem Beben Gott sei Dank standgehalten, aber alle Kurgäste rannten in Panik auf die Flure, wo sie eine Krankenschwester  sofort beruhigte: „ Gehen Sie bitte zurück auf Ihre Zimmer, solche Erdbeben kommen hier öfters vor, kein Grund zur Sorge!“ Darauf beruhigten sich wirklich alle  und kehrten zur Tagesordnung zurück. Aber bis jetzt fühle ich, wenn ich an diese Schreckminuten zurück denke, den Schock in meine gesamten Glieder fahren.
Damit aber nicht genug. Bei meinem Umzug, zurück nach Franken in Nordbayern, ereignete sich die nächste Angstattacke. Meine Tochter Jasmina legte eine kleine Arbeitspause ein und hatte so Zeit, mir beim Umzug zu helfen. Mit dem geräumigen Auto ihres Freundes kam sie, um mir beim Umzug zu helfen und meine Sachen abzuholen. Auf der Strecke zwischen München und Stuttgart, wir brausten mit gerade mal 150km/h auf der linken Spur und unterhielten uns angeregt, als wir beide zufällig gleichzeitig nach vorne sahen und die Rücklichter des Wagens vor uns in rasenter Geschwindigkeit näher kamen:  Hanina trat reflexartig das Bremspedal voll durch, doch in den folgenden Sekunden schien der Wagen noch Ewigkeiten weiter und weiter zu rutschen. Vor meinem inneren Auge sah ich uns schon mit voller Wucht aufprallen, nur noch wenige Meter trennten uns vor dem Wagen vor uns, obwohl wir bestimmt schon 150m bremsend zurückgelegt hatten. Überholen war in diesem Augenblick nicht möglich, links wären wir in die Leitplanke gerast und auf der rechten Spur war keine Lücke zum einscheren frei.
Ich sandte im allerletzten Moment ein Stoßgebet zu Gott, und plötzlich fasste die Bremse endlich.
Wir kamen nur ein paar Zentimeter vor der Stoßstange des vorderen Wagens zum Stehen. In diesem Auto mit gelbem Kennzeichen saßen zwei ältere Frauen, die sich in aller Ruhe die Landschaft ansahen.
Der nächste Parkplatz war unserer.Wir stiegen mit zitternden Knien aus. Als erstes dankte ich unserem Gott, hatte er doch schlimmen Schaden von uns abgehalten. Das geliehene Auto  konnte Jasmina ohne eine Beule ihrem Freund zurückgeben. Zum Glück sind wir nicht mit ihrem Auto gefahren, denn es besaß weitaus schlechtere Bremsen.

Motivation für mein Schreiben

In jüngeren Jahren suchte ich, wie andere Menschen auch, nach dem Sinn des Lebens. Was ich dabei auf verschlungenen Wegen fand, davon handeln diese Lebensgeschichten; und weil ich oft Außergewöhnliches erlebte, möchte ich es der Nachwelt erhalten.
Wie ein Puzzle fügt sich dabei ein Teil zum Anderen. Größtenteils stand ich dem Leben optimistisch gegenüber.“Irgendwie geht´s immer weiter“ sagte ich mir, auch wenn die Zukunft gerade mal wieder weniger rosig aussah.
So blieb es bis heute.
Allerdings bereue ich manche Dinge getan zu haben.
Wenn ich die Zeit noch mal zurück drehen könnte, hätte ich mich aus der heutigen Sicht bestimmt manches Mal anders entschieden, aber diese Erfindung gibt es außer im Film, in der Dichtung und in unseren Gedanken leider noch nicht.
Und somit schreibe ich alles einfach so auf, wie es passierte.

Alles beginnt ganz harmlos mit einer Reise zum Atlantik


1972 reiste ich mit drei Bekannten im Kleinbus zu einem Zelturlaub an die Atlantikküste. Die Normandie in Nordfrankreich sollte in jeder Hinsicht einen bleibenden Eindruck  bei mir hinterlassen.
Früh morgens, als wir die Gegend vor der Küste erreichten, umhüllte sie ein durchscheinendes Hellblau, was mich sofort an Asterix und Obelix erinnerte. Wenn ich daran denke, ist es gleich wieder gegenwärtig. Dort ragte jede Menge Steilküste empor. Also nichts mit herrlichem Sandstrand wovon ich geträumt hatte. Eines Tages, es war etwas stürmisch, kletterte ein Bekannter mit mir zum Wasser hinunter. Wir wollten uns die heranrollenden Wellen anschauen und standen nebeneinander auf einem kleinen Felsvorsprung, welcher über und über mit Seepocken bedeckt war. Plötzlich kam eine größere Welle auf uns zugerollt, hob mich etwas hoch und dann rutschte ich ab ins Meer,vorher  mit meinem Steißbein aber noch schön über die Seepocken hinweg. Es schmerzte einige Tage lang.
Zuerst fand ich mich hilflos im Wasser treibend wieder, aber glücklicherweise konnte ich mich auf einen kleinen Felsvorsprung retten.
Ich holte schnell tief Luft und wurde schon von der nächsten Welle überspült. So schwappten mehrere große Sturzbäche von Wassermassen über mich hinweg. Jedesmal klammerte ich mich so fest ich konnte an die Felsspitze.
Bein Bekannter wollte anscheinend eine größere Welle abwarten, die mich wieder ans Ufer zurück trägt.. Plötzlich schrie er mir zu:“Spring!“ Im nächsten Moment fischte er mich Gott sei Dank aus dem Meer und ich spürte endlich festen Boden unter meinen Füssen.
Als ich mich noch an dem Felsen festklammerte, sah ich weit draußen einen Dampfer, und mir kam die seltsame Idee, dort hin zu schwimmen, sei näher als zur  Küste zurück..

Ich erinnere mich auch noch an eine Nacht, welche empfindlich kalt war. Die drei anderen schliefen wohlig in ihren Schlafsäcken. Nur ich konnte vor Kälte zitternd nicht einschlafen weil mein Schlafsack an manchen Stellen sehr dünn war. Nicht weit von mir entfernt stand eine Flasche mit Alkohol. Ich nahm dreimal einen großen Schluck und schlief dann erstaunlich schnell ein.
Ich kann mich auch erinnern, wie uns ein Bauer von seinem Feld ein paar Artischocken schenkte, die wir im Wasser gar kochten.
Eines Abends spazierte ich mit einem anderen Bekannten über die benachbarten Kuhweiden. Irgendwie fanden wir den Weg nicht wieder zum Zelt zurück und übernachteten an einem Baumstamm sitzend. Zum Glück näherten sich uns einige Kühe in ganz friedvoller Absicht.
Morgens stellten wir fest, dass wir nur circa 100m vom Zeltplatz entfernt saßen.
Auf der Rückfahrt nach Deutschland stritt ich mit dem, der den  Bus fuhr, so heftig, dass er mich, es hätte nicht viel gefehlt, an einer Autobahnraststätte rausgeschmiß.. Es war der gleiche, welcher mich ein paar Tage zuvor aus dem Meer fischte. Er war übrigens Lehrer an einer Abendschule in Berlin, auf der ich gerade das Abitur nachholte.
Ich fuhr also nicht mit zurück nach Berlin sondern ließ mich in Hof an der Saale absetzen, um meine Mutter zu besuchen. Ich wollte in ihrem Haus übernachten und am nächsten Tag meine Reise mit dem Zug fortsetzen. Doch leider musste ich feststellen, dass meine sämtlichen Verwandten in Richtung Südtirol ausgeflogen waren. Meran ist der Geburtsort meiner Mutter und sie reiste ab und zu im Sommer dorthin. Nur mein Schwager blieb mit seiner Mutter und einem Neffen daheim. Die wohnten zu dieser Zeit im Erdgeschoss.
In diesem Haus sollte mir etwas, was ich Tage zuvor am Atlantik träumte, in echt begegnen:  in dem Traum sah ich mich einem Mann mit feuerrotem Haar gegenüber, danach träumte ich, dass ein jüngerer Mann die Treppe zum ersten Stock hinaufstieg und zum Schluss sah ich ein Zimmer, in dem ein Bild von der Wand heruntergefallen war.
Jetzt zum eigentlichen Geschehen: als ich an der Haustür klingelte, öffnete mir mein Schwager. Er erzählt mir,  meine Familie sei wiegesagt nach Süden aufgebrochen. Es begann Nacht zu werden und er führte mich in das Wohnzimmer meiner Mutter, der das Haus gehörte.
Dort saß ich mit meinem Gepäck samt Schlafsack und hätte ich geahnt, was mir gleich noch bevorstand, würde ich die Fahrt nach Berlin sicher nicht unterbrochen haben.
Mir fiel als erstes auf, dass das Glas der Zimmertür zersprungen war, als hätte jemand heftig dagegen geschlagen. Erst später erfuhr ich von meinen Verwandten: "Der Karl hat sie in einem Wutanfall zertrümmert."
Kurz darauf erschien dieser Mann und forderte mich ganz direkt auf, mit ihm in sein Schlafzimmer zu gehen. Ich erinnerte mich jetzt, wie er mich bei früheren Besuchen förmlich angeglotzt hatte. Ziemlich geschockt antwortete ich:“Nein, ich ziehe es vor, hier alleine in meinem Schlafsack zu übernachten!" Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, legte ich mich demonstrativ dort hinein und zog den Reißverschluss bis unters Kinn hoch. So lag ich eigepackt da wie eine Mumie, unfähig mich zu wehren als er sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich legte und sofort anfing mich zu würgen. Mein erster Gedanke, der mir in dieser ziemlich auswegslosen Situation in den Sinn kam, richtete sich an meinen Sohn:“Wahrscheinlich werde ich dich nicht mehr wiedersehen.“ Inzwischen hatte mein Widersacher seinen eisernen Griff gelockert und mir so ermöglicht, ein wenig Luft zu schnappen. Als nächstes dachte ich an meine Mutter :“ Du kannst mir jetzt nicht helfen.“ Sie war ja in Meran, da hätte noch so lautes Schreien nichts genutzt.                            Ich sah das offene Fenster und  dachte:“Wenn ich ein kleiner Vogel wär, könnt ich entfliehen.“ Aber in der Realität bestand diese Möglichkeit genauso wenig.
Gleichzeitig überkam mich große Angst:“Was passiert wenn er seinen Griff nicht mehr lockert?“ und sah mein Ende buchstäblich vor mir. Ich hörte wie auf der Straße gegenüber ein Auto hielt, dem fröhlich schwatzende Leute entstiegen und deren Stimmen  sich sogleich entfernten. Sie gingen in das gegenüberliegende Haus. Wahrscheinlich kamen sie von einem geselligen Abend. Wenn die wüssten in welch einer gefährlichen Lage ich mich befand, nur ein paar Meter entfernt! Aber auch diese Menschen konnte ich nicht zu Hilfe rufen.
Ich fühlte, dass mir nicht mehr viel Zeit bleiben würde und ich richtete meinen allerletzten Gedanken an Gott, meinen Vater: „Bitte, Herr, hilf mir, steh mir bei im Namen Jesu.“ Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, hörte ich jemanden die Treppe herauf kommen. Sofort ließ er von mir ab, stand auf und ging aus dem Zimmer.
Wenig später kam er zurück:“ Entschuldige bitte, es tut mir leid, was ich soeben getan habe.“ Das waren seine letzten Worte, die er an dem Abend an mich richtete. Ich schloss mich vorsorglich für die Nacht in einem anderen Zimmer ein. Hier fand ich ein Bild, welches von einem Nagel auf das Wandregal herabgefallen war.  In diesem Moment hatte ich meinen Traum von der Atlantikküste wieder glasklar vor Augen. Sollten die roten Haar meinen in Wut geratenen Schwager symbolisieren? Dass nach meinem Gebet jemand wie im Traum vorhergesehen die Treppe emporstieg, rettete mir  wahrscheinlich das Leben. Meine Halbschwester ließ sich kurze Zeit später von meinem Schwager scheiden. Dabei half ihr der Brief, welchen ich ihr von Berlin aus schrieb. Meinen Peiniger sah ich, Gott sei Dank, nie wieder. Er verstarb in der Folgezeit.
Seit damals beschäftigt mich ständig ein Gedanke:“ Wie hängen Traumwelt und Wirklichkeit zusammen? Wer außer Gott kann wissen, was in der Zukunft passiert?“ Dass ich über besondere hellseherische Fähigkeiten verfügen sollte, glaubte ich nicht.
Jahre später, ich bekam zwei Töchter und lebte nun selbst in Hof an der Saale. Eines Tages stand eine Frau von den Zeugen Jehovas an der Tür. Sie schenkte mir ihre Bibel. Es dauerte eineinhalb Jahre bis ich sie gelesen hatte. Eine Stelle fand ich, in der ein Mann Gott bat, ihm seine Existenz zu beweisen. In der darauf folgenden Nacht erlebte der Mann im Traum die Ereignisse welche, sich am Folgetag zutragen sollten. Was war seine Schlussfolgerung? Nur Gott kann in die Zukunft schauen. Also hatte er ihm diesen Traum geschickt. So stand es in der Bibel.
Ich hatte die Antwort auf meine Frage gefunden. Ich blieb zwar bei meinem evangelischen Glauben und entschied:- meine Hilfe steht im Namen des Herren, welcher Himmel und Erde gemacht hat. Dann bechloss ich, der Welt von seinen wunderbaren Werken zu berichten, und meine Tochter Mia bestärkte mich immer wieder darin, der ich als erste diese Geschichten erzählte.

Dienstag, 13. September 2016

Unsere Flucht von Ost nach Westberlin
 
Als ich in Ost-Berlin zur Grundschule ging, war mein Leben zweigeteilt. In der Schule trug ich ein blaues Halstuch und führte eine Strichliste, welche anderen Schüler es auch umbanden. Diese Aufgabe erfüllte ich mit Widerwillen, denn sobald ich zuhause ankam, flog das Stück Stoff in die hinterste Ecke. Unsere Familie war westlich orientiert, wir sahen im Fernsehen regelmäßig das Westprogramm. Mein Vater wohnte zu dieser Zeit nicht mehr im Fichtelgebirge, sondern er zog zur Schwester meiner Stiefmutter in den Wedding nach West-Berlin.
Privat standen wir also dem Westen näher als dem Ost-Regime, dass sich meiner Meinung nach viel zu sehr in unser Leben einmischte. Unfreiheit und Bespitzelungen, die schon während der Schulzeit stattfanden, bedrückten mich stark. Es kam zum Beispiel häufig vor, dass unsere Schulmappen von der Klassenlehrerin nach Westcomics und Westgeld durchsucht wurden. Meist fand sie bei einigen Schülern etwas und die Sachen wurden ihnen weggenommen. Ob sie dann die Eltern unterrichtete entzieht sich meiner Kenntnis.
Dann starb mein Vater am 9. August 1961 im Pflegeheim an Magenkrebs, und meine Stiefmutter beschloss mit mir zu ihrer Schwester in den Wedding zu flüchten, weil sie in Ostberlin keine Rente zu erwarten hatte.
Ich kam an diesem Tag von einem Ferienaufenthalt auf Rügen an der Ostsee wieder, konnte aber erst am nächsten Tag zu meinem Vater, als er bereits tot war. Sein Tod betrübte mich sehr, hatte ich ihn doch über alles geliebt.
In den nächsten zwei Tagen ging alles sehr schnell. Wir zogen uns mitten im heißen Sommer drei bis vier Sachen übereinander an und fuhren von der Schönhauser Allee zwei Stationen weiter bis zum S-Bahnhof Wedding.
Das letzte Mal half mir Linda,meine Schwester, noch dabei. Wir rannten den Zug entlang mit ihrem halb- jährigen Sohn im Kinderwagen bis zum Abteil für Mutter und Kind. Er musste in seinem Wagen sitzen, weil hinter ihm ein dickes Kopfkissen steckte. Danach sah ich sie für lange Zeit nicht mehr. Meinen Koffer aus Gören auf Rügen holte auch niemand  ab, denn  vom 13.08.1961an trennte die Mauer Berlin in zwei Teile.
Für mich war das doppelt schrecklich, verlor ich doch meinen Vater gleichzeitig mit Linda und ihrer Familie, die nicht mehr rechtzeitig nach West-Berlin flüchten konnte.
Eine tiefe, schwarze Traurigkeit erdrückte mich für Monate, aber weinen durfte ich nicht, denn meine Stiefmutter schimpfte auf meinen Vater, den sie kurz vor seinem Tod zum zweiten Mal nur heiratete, damit ich als eheliches Kind erklärt werden konnte. Er vererbte ihr sein altes Mobiljahr dafür. Die 10 000 DM Sparvermögen bekamen Linda und ich je zur Hälfte. Vorher bat er sie inständig: „ Beeile dich mit den Formalitäten, sonst schaffe ich es nicht mehr."
Mein Start in den Westen vollzog sich also sehr schwierig. Ich hatte zwar die Unfreiheit hinter mir gelassen, verlor aber gleichzeitig das Liebste was ich besaß: meinen Vater, Linda und die Schwester meines Vaters. Meine Tante arbeitete ihr Leben lang als Krankenschwester in der Charité. Beide sah ich erst nach Jahren wieder. Diese Teilung ging direkt durch mein Herz. Deutlich spürte ich den Schmerz der anderen getrennten Familien, die sich rechts und links der Mauer nur von weitem zuwinken konnten. Es war eine grausame Zerrissenheit.
Inzwischen besuchte ich das Bertha von Suttner Gymnasium, denn wir blieben nur kurze Zeit im Zimmer meines Vaters, der damals bei der Schwester meiner Stiefmutter wohnte und zogen bald darauf in eine eigene Wohnung nach Reinickendorf. Ich hörte von einem Schüler der 11. oder 12. Klasse, der sein Leben verlor, als er seiner Mutter zur Flucht über den Stacheldrahtzaun verhelfen wollte. In den nächsten Monaten schrieben die Zeitungen ständig über ähnlich tragische Fluchtversuche. Mal glückten sie, dann war die Freude darüber groß, aber sehr oft endete eine Flucht tödlich, wenn sich z.B. Menschen aus den Fenstern der Bernauerstraße abseilten und kein rettendes Sprungtuch auf der Straße im Westteil sie auffing.
In der Schule in Ost-Berlin hatte ich als letztes das Lied der Moorsoldaten eines ehemaligen KZ´s gelernt. Ich dichtete es um:" Wir sind die KZ-Soldaten und ziehen mit den Spaten zur Mauer hin." Mir erschien die ganze DDR wie ein riesig großes KZ. Die Einwohner waren die Häftlinge, aber auch West-Berlin wurde eingemauert.Man verhinderte so, dass sich Ost- und Westbürger besuchen konnten.
Es sollte fast dreißig Jahre dauern bis diese unmenschliche Teilung ein Ende fand. Oft  hatte ich fast jede Hoffnung auf eine Wiedervereinigung aufgegeben. So aussichtslos schien die politische Situation zu sein. J.F. Kennedy kam nach Berlin, sah die Mauer und rief die historischen Worte: „ Ich bin ein Berliner!“
Ändern konnte er trotzdem nichts, obwohl wir alle sehr auf Unterstützung aus Amerika hofften, doch weder die Sowjetunion noch die Westmächte wollten einen dritten Weltkrieg riskieren.
Einige Jahre später sollte sich die politische Lage noch gewaltig zuspitzen. Ich flüchtete mit meinen zwei kleinen Kindern nach Afrika, denn auf beiden Seiten der Mauer wurden Atomsprengköpfe aufgestellt. Beide Supermächte „rasselten“ mit ihren Atomwaffen. Es grenzt an ein großes Wunder, dass der dritte Weltkrieg ausblieb. Jedoch kaum im Sudan angekommen, fielen dort Bomben auf unschuldige Menschen! Man wollte die Fernsehstation treffen, aber sie schlugen in Wohnhäuser ein und trafen Menschen, die am Nil gerade ihre Autos wuschen. Wer die Bomben abwarf, kam nie heraus, aber davon berichte ich später ausführlicher.
Vorerst lebte ich noch in Reinickendorf und ging aufs Gymnasium. Mich wunderte  damals sehr, es war das Jahr 1963, in dem das Attentat auf J.F.K. verübt wurde, dass kein Lehrer darüber auch nur ein einziges Wort verlor, obwohl wir alle sehr betroffen und still schweigend auf unseren Stühlen hockten.
Bevor ich an diesem Tag in die Schule ging, hatte ich von dieser Tragödie in der Berliner Morgenpost gelesen. Auch mich hatte J.F.K.´s weltoffene und charismatische Ausstrahlung in den Bann gezogen und seine stark anziehende Wirkung hinterlassen.
Darum schockierte mich die traurige Nachricht richtig heftig, doch nicht nur mich, sondern viele Berliner und andere Menschen weltweit, vor allem weil das so plötzlich und unverhofft geschah. Bis heute blieb ungeklärt ob Lee Harvey Oswald der alleinige Täter war und wer den Auftrag gegeben hatte.  Einige Zeichen deuten darauf hin, dass mindestens ein Komplize beteiligt war von den Richtungen der abgegebenen Schüsse ausgehend, die J.F.K. trafen. 

Wer zog eigentlich Nutzen daraus?

Freitag, 1. Juli 2016

Wie alles anfing (aufgezeichnet am 10.02.2012)
 

Sicherlich gibt es ungewöhnlichere Erlebnisse, aber darum geht es mir nicht unbedingt. Sondern die Erkenntnis, dass unsere Welt nicht nur aus puren Zufällen besteht, nahm im Laufe meines Lebens immer mehr Gestalt an. Es gab z.B. Geschehnisse, die ich mir nur mit meinem puren Menschenverstand bis heute nicht erklären kann.
Zum Beispiel in der ersten Woche nach meiner Geburt konnte ich nichts trinken, und meine Mutter flößte mir Milch mit einem Teelöffel ein. Mein Zustand war so bedenklich, dass mich meine Mutter nottaufen ließ, weil sie dachte, ich würde sterben. Von meinem Vater konnte sie  keine Hilfe erwarten, denn er hatte sich gerade von ihr zurückgezogen. Diese Situation  zu verkraften, war für sie bestimmt nicht leicht. Nach meiner Taufe erholte ich mich Gott sei Dank anscheinend von meinem Geburtsschock und fing an, ganz normal zu trinken. Mein Vater erkannte die Vaterschaft an und adoptierte mich daraufhin.
Der nächste gravierende Einschnitt in meinem Leben geschah kurz danach, denn als meine Schwester Linda, sie ist ein Kind aus der ersten Ehe meines Vaters, ihn von Berlin aus im Fichtelgebirge während ihrer Sommerferien besuchte, erfuhr sie das erste Mal von meiner Existenz.
Zu dieser Zeit lebte sie mit ihrer Mutter im Prenzlauer Berg in Berlin und wollte, wie schon so oft, die Ferien bei ihrem Vater in Kirchenlamitz verbringen.
Natürlich überraschte sie dieses Ereignis sehr, denn am Ende der Ferien verfrachtete mich mein Vater einfach mit ins Auto, und wir fuhren über Umwege nach Berlin. Viele Straßen nach Berlin wurden  nach dem Krieg gesperrt, . Das geschah 1949 im August, und ich war damals gerade mal fünf Monate alt. Als ich jetzt, nach 60 Jahren durch Linda davon erfuhr, überlegte ich, wie mich diese gravierende Trennung von meiner leiblichen Mutter wohl unbewusst mein ganzes Leben beeinflusst haben könnte?
Blieb ich wohl aus diesem Grund ein ewiger Zugvogel, immer auf der Suche nach meinen Wurzeln? Dieses Nomadenleben könnte natürlich auch andere Ursachen haben.Aber vielleicht verlor ich damals als Baby mein Urvertrauen, oder ist der Grund meines rastlosen Lebens darin zu suchen, dass ich immer glaubte, der Rasen nebenan sei grüner? Wahrscheinlich gibt es dafür mehrere Gründe. Das ist jetzt, nach so langer Zeit, nicht mehr feststellbar. Auf jeden Fall konnte ich nirgends so richtige Wurzeln schlagen und wechselte ganz oft nicht nur die Wohnungen an einem Ort, sondern auch Städte und Länder.
Ein Zeugnis unserer Zeit zu geben, gegen das Vergessen, bleibt mir sehr wichtig. So verstehe ich diesen Bericht. Außerdem besteht im Schreiben die Möglichkeit, sich kreativ zu verhalten. Ich betrachte es als ein Handeln gegen unser ständiges konsumieren. Wir nehmen viel mehr auf, als wir von uns abgeben können. Das ist auf die Dauer nicht gut, weil es uns in eine geistige Passivität hineinmanövriert. Ob wir diese Lebensweise von Amerika übernommen haben, ist zu überlegen.
Was sind nun meine ersten Kindheitserinnerungen?
An die Vorschulzeit erinnere ich mich nur noch vage, z.B. dass sich meine Schwester mit ihren Freundinnen über die Frisur, die mir meine Stiefmutter verpasste, lustig machten. Als Frisörmeisterin wollte sich mich herausputzen und so legte sie mir einen Teil der Haare, zu einer Rolle gewickelt, mitten auf den Kopf, befestigt durch eine große Schleife. Die anderen bogen sich vor lachen, weil ich angeblich „eine Sch…wurst“ auf dem Kopf trug. Es versteht sich von selbst, dass ich diese Frisur nicht mehr tragen wollte. Das ereignete sich auf unserem Feriengrundstück nördlich von Berlin. Wenn ich mich aber in der Hängematte schaukelte oder durch den riesigen, naturbelassenen Garten streifte, erlebte ich wunderbar interessante und erholsame Stunden. Eines Tages war es auf einmal mit der Ruhe vorbei: ich suchte nahe am Waldrand nach Blaubeeren da streifte in etwa fünf Metern Entfernung ein ausgewachsenes Wildschwein durchs Gehölz, mit der Schnauze am Boden, nach einer Fährte schnüffelnd. Ich stand wie zu Stein erstarrt und traute mich kaum zu atmen! Der Koloß verschwand genauso schnell und unerwartet, wie er auftauchte, wieder im dichten Gebüsch. In diesem Moment rannte ich los, rein in unseren Garten,  die Tür hinter mir zugeknallt und ab ins Gartenhaus, war eins. Mit einem Knall viel die Laubentür ins Schloss. Mein Herz raste noch immer. Erst hier fühlte ich mich richtig sicher. Das Dumme an der Sache war nur, als ich abends erzählte: „ Mir ist heute Mittag beim Blaubeerenessen ein Wildschwein begegnet!“ da glaubte es mir niemand. Hatten doch sogar die Nachbarn davon berichtet: „ Heut Abend standen sie wieder am Zaun und haben nach Futter gebettelt.“ Meine Familie behauptete aber steif und fest: „ Das war bestimmt bloß ein Hund.“
Als ob ich mit fünf Jahren keinen Hund von einem Wildschwein hätte unterscheiden können!
Ich war schwer gekränkt, aber auch heilfroh, dass meine Begegnung mit dem wilden Schwein so glimpflich ablief. Aber so ist das halt: da treffe ich schon mal eins auf freier Wildbahn und dann glaubt es mir keiner.
Da war noch etwas, das mich erschreckte: es gab  im Dorf eine Herde Gänse, an die ich mich gut erinnern kann. Jedes Mal, wenn ich vom Kaufmann alleine etwas holen sollte, gingen sie zischend und laut schnatternd mit weit vorgestreckten Hälsen auf mich los, bis ich auf die Idee kam, mich mit einem Stock zu bewaffnen. Von da an war Ruh und der Spuk glücklicherweise vorbei . Sie zischten und schnatterten zwar immer noch aufgeregt hinter mir her, ansonsten ließen sie mich aber passieren. Mein Stock flößte ihnen gehörigen Respekt ein und ich brauchte mich nicht mehr vor ihnen zu fürchten.
Das genaue Gegenteil erlebte ich im Kindergarten. Dorthin ging ich überhaupt nicht gern, weil die Stärkeren mir einfach mein Spielzeug wegnahmen, oder mich ständig vom Schaukelpferd schupsten, kaum dass ich es auch mal ergattert hatte. Außerdem unternahmen die Kindergärtnerinnen mit uns ausgedehnte Spaziergänge, auf denen uns die Straßenkinder hänselten: „ Kindergarten, Schweinebraten, hat die ganze Welt verraten!“ Solche echt blöden Sprüche mussten wir uns anhören und dann gab es unterwegs noch nicht mal was zu trinken. Das war die reinste Quälerei im Sommer.
Einmal musste ich kurz vor Abmarsch noch mal auf die Toilette, und die Gruppe marschierte einfach los. Wie war ich froh, als ich das bemerkte und nun ungehindert auf dem Schaukelpferd sitzen konnte!
Nur dauerte mein Spaß nicht sehr lange, denn vor der Tür mussten alle durchgezählt worden sein. Eine Erzieherin erschien sofort wutschnaubend und behauptete: „ Du hast dich absichtlich auf der Toilette versteckt!“ Sie drohte mir mit Strafe, sollte das noch einmal vorkommen. Meine gegenteiligen Beteuerungen halfen da nichts. Ich war ganz glücklich, als ich bald darauf eingeschult wurde.
Nur die Geschichte mit der Zuckertüte machte mich hellhörig. Warum lockte man die Kinder mit Naschereien dort hin? Das kam mir äußerst suspekt vor.
Was mir in der Schule wirklich von Anfang an sehr missfiel, war diese schier endlose Stillsitzerei. Lernen an sich fand ich gut. Ich sog den Stoff wie einen Schwamm in mich auf, außer beim Rechnen, mit dem ich immer auf Kriegsfuß stehen sollte, hatte ich kaum Schwierigkeiten. Auch ließ ich andere gern mal abschreiben und mit den Lehrern kam ich ebenfalls ganz gut zurecht. Nur mit unserm Hausmeister bekam ich  Streit, weil es verboten war, die Kaninchen im Schulhof aus dem Stall zu nehmen. Ich ließ mich davon nicht abhalten und streichelte sie trotzdem. Natürlich erwischte mich der dicke Kerl in seinem blauen Kittel. Ich rannte weg, er hinter mir her. Ich nahm den Weg über den großen Schulhof, er wetzte durch das Schulgebäude. Als ich ihn kommen sah, versteckte ich mich hinter einem Baum, anstatt weiter durch das Schultor zu rennen. Er schleppte mich triumphierend ins Sekretariat, wo ich mir meine Strafarbeit abholen durfte.
An einem Wochenende wollte ich mal mit einer Freundin nachschauen, wo dieser Hausmeister eigentlich wohnt. Leise stiegen wir die Vordertreppe des Schulhauses hinauf, aber anscheinend nicht leise genug, denn plötzlich erscholl vom 4. Stock seine laute Stimme: „WER DA?“ und wir sahen, wie er sich mit einem Gewehr über das Geländer beugte. Wir stürmten total erschrocken die Stufen hinunter. Übrigens lernten wir auch das Schießen auf Zielscheiben im Schulhof. Es waren die letzten Jahre vor dem Mauerbau.
Einen Schulkameraden mochte ich überhaupt  nicht. Als er eines Tages meiner Freundin Maria den Arm auf den Rücken drehte und sie vor Schmerz wimmerte, warf ich ihm eine saftige Birne, in die ich eben mit großem Appetit biss, an den Kopf. Er ließ sie sofort los, drohte mir aber: „Na warte, wenn du aus der Schule kommst, dann setzt es was!“ Vor lauter Angst steigert ich mich in eine Hyperventilation hinein, denn täglich erlebten wir nach der Schule regelrechte Verfolgungsjagden.
Zu Beginn jeder Unterrichtsstunde mussten wir aufstehen und auf das Kommando des Lehrers: „Seid bereit!“ „Immer bereit“ antworten. Durch meine Heulerei und das zu schnelle, panische Atmen verkrampften sich meine Beine. Ich taumelte zur Wand und wieder zurück auf meinen Stuhl. Der Lehrer dachte gleich an Kinderlähmung und lies mich von zwei kräftigen Schülern ins Sekretariat tragen. Dort alarmierte die Sekretärin die Ambulanz und ich kam direkt von der Schule ins Krankenhaus. „Auf jeden Fall bekomme ich so keine Schläge,“ dachte ich und spürte wie sich meine Verkrampfung löste, behauptete aber weiterhin: „Ich kann die Beine nicht bewegen!“ Immer noch fürchtete ich den Nachhauseweg und dachte mir: „So entgehst du der Prügel am besten“. Ich bekam Injektionen und eine Rückenmarkspunktion, doch eines Tages flog der Schwindel auf, als mich eine Schwester ganz normal über den Flur zur Toilette laufen sah.
Im Krankenhaus hatte sich ein Junge aus dem Nachbarzimmer in mich verliebt, und ich wollte doch nicht an ihm vorbeihumpeln . Er wohnte in der Husemannstraße. Ich klingelte mal an seiner Haustür. „Ist Klaus da?“ Der Mutter erzählte ich, dass ich die Hausaufgaben brauchte. Aber er war gar nicht daheim. Als er dann mich besuchen kam, schämte ich mich vor meiner Mutter, obwohl meine Schwester Linda mir anbot:     "Du kannst selbst entscheiden, ob du runtergehst.“ Ich ging nicht. Damit endete unsere Freundschaft schneller als gedacht. 
Auch die Geschichte mit der Blinddarmoperation verlief ähnlich. Bei einer Lehrerin sollten wir plötzlich mit Händen auf dem Rücken sitzen, was ich total abartig fand. Ich weigerte mich, und sie stellte mich dafür prompt vor die Türe. Diese Behandlung empfand ich wiederum als echt gemein und mir liefen die Tränen herunter. „Warum heulst du denn?“ fragte sie. „Mir tut der Bauch weh“ beklagte ich mich. Daraufhin schickte sie mich sofort nach hause. Hier, früher als gewöhnlich angekommen, erzählte ich die gleiche Geschichte. Sofort ging es ab ins Krankenhaus. Die Ärzte in der Poliklinik tippten auf eine Blinddarmentzündung und ehe ich mich versah, lag ich auch schon auf dem OP-Tisch, wurde festgeschnallt und bekam für die Äthernarkose  eine Maske über die Nase gestülpt. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits zu spät, um mit der  Wahrheit herauszurücken. Ich schrie nur noch so laut ich konnte: „Hilfe, Polizei!“ Sie tropften als Antwort jedoch nur noch mehr Äther auf mich drauf. Pech gehabt, denn der Blinddarm war danach raus und nun hatte ich wirklich Bauchschmerzen. Damals gab es noch die Methode, dass nach der OP ein Sandsack auf den Bauch gelegt wurde. Wozu das gut sein sollte, weiß ich bis heute nicht. Die Schmerzen ließen dadurch jedenfalls nicht nach. Von da an beschloss ich lieber, bei der Wahrheit zu bleiben.

Samstag, 11. Juni 2016


Reise nach San Francisco Teil 1

Wegen dieser Flugzeugattentate am 11.09.01 war ich von einem Flug nach Amerika nicht sehr begeistert! Trotzdem besorgte ich für Mia und mich letztendlich doch zwei Tickets bei Air France von Berlin nach San Francisco, weil meine Freundin in Vallejo, Kalifornien mir sagte: „ Kommt jetzt bald mal, solange ich noch Autofahren kann.“ Obwohl sie schon über 80 ist, fuhr sie wie in Rennfahrer durch die Gegend. Sie zeigte uns den Josemite-Nationalpark.
Wir blieben zwei Nächte in einer Jugendherberge. Die Gäste waren in ganz urigen Holzhäusern am Berghang untergebracht. Es gab nicht nur Fleisch, sondern auf der Tafel über der Theke stand jeden Tag auch ein vegetarisches Gericht.
Am besten gefiel es mir allerdings am Pazifischen Ozean. Er hatte eine majestätische Wirkung auf mich, wie er sich so ruhig und großartig vor mir ausbreitete. Die Wassertemperatur war nicht kälter, als ich es von der Ostsee in Erinnerung hatte, aber ein recht kalter Wind blies uns um die Ohren, so dass ich aufs Schwimmen verzichtete. Ich lief nur mit den Füßen durch die anspühlenden, kleinen Wellen. Das machte mich sofort hellwach.Einmal nahm ich einen Schluck vom Wasser in den Mund, um den Salzgehalt auszuprobieren. Nanach fiel mir ein, dass durch den Atomunfall in Japan bestimmt etwas Radioaktivität hierhin gelangt sein könnte." Doch kein so guter Einfall", dachte ich jetzt.                                                               Bei der Schaukelei über die Bergserpentinen auf dem Heimweg war ich beinahe eingeschlafen. Kleine Einkaufsläden sah ich so gut wie nie. Dafür aber noch größere Supermärkte als bei uns. Meine Freundin besaß eine Spezialkarte für einen Großmarkt, in dem meist nur Geschäftsleute und Restaurantbesitzer einkaufen. Die Packungen waren alle entsprechend groß. In diesem Laden, der Kosko hieß, gab es immer jede Menge Kostproben und wir probierten jedes Mal alles aus z.B. kleine Joghurtproben, Wurstscheiben mit Ananasstückchen, verschiedene Salate und Säfte. Für eine Weile waren wir gesättigt.
Von der Flower-Power-Zeit ist in San Francisco nicht mehr viel zu sehen, finde ich. Wir schipperten zwei- bis dreimal mit der Fähre von Vallejo über die San Francisco-Bay hinüber.
Am Kai herrschte der reinste Jahrmarktrummel: Zauberer, Akrobaten und Musiker wechselten sich ab. Auch Bettelmönche versuchten, den Passanten mit trickreichen Angeboten Geld aus der Tasche zu ziehen. So  hielten Sie meiner Tochter ein kleines Holzperlenarmband unter die Nase und riefen dabei: „Wie viel?“ Soll heißen – wie viel willst du dafür spenden? Gleichzeitig zeigten sie ihr noch eine kleine Karte. Als sie ihnen zwei Dollar anbot, bekam sie nur die Karte in die Hand gedrückt, nicht mal das Armband. Sie steckten es vorher einfach ein. Ich bezweifle sehr, ob es überhaupt echte Mönche sind, solche Kleidung kann praktisch jeder, der will, tragen.
San Francisco war jedenfalls anders als ich´s mir vorstellte, weil ich immer noch eine Hippie-Szene erwartet hatte. Ich fand nur ein Ehepaar, was sich so kleidete. Sonst sah alles nach normaler Großstadt aus. Wir liefen durch das quirlige China-Town mit seinen zahlreichen asiatischen Einwanderern und uns fielen die bunten Wäschestücke auf, die an den Häuserfassaden flatterten. Chinesinnen hasteten mit gefüllten Einkaufsbeuteln an uns vorbei nach Hause. Am Park spielten ältere Männer chinesische Brettspiele. Hin und wieder sahen wir Bettler am Straßenrand sitzen. Ein Obdachloser pöbelte Amira an: „ Was sitzt du hier so relaxt herum und mir geht’s dreckig.“ Sie pflichtete ihm bei und entging so einer weiteren Auseinandersetzung.
Andere fuhren mit ihren Cabriolets durch überfüllte Straßen. Nichts Ungewöhnliches für eine Großstadt. Nur am Hafen glich alles nach wie vor einem Jahrmarkt, wie gesagt.
Als mein Schwager kurz vorher nach Khartoum  zurückflog, besorgte ich ihm für sein operiertes Knie einen Rollstuhlservice. Das gleiche nahm ich beim Hin- und Rückflug in Anspruch, weil ich nicht immer und ewig am Schalter in der Reihe stehen wollte." Wegen meiner Osteoporose in der Wirbelsäule habe ich im Kreuz Schmerzen." behauptete ich kurzer Hand.Das klappte hervorragend und wir brauchten uns gar nicht irgendwo durchzufragen. Ab und zu gaben wir den Leuten, die mich herum schoben, etwas Trinkgeld. In San Francisco hatte mich Mia das letzte Stück geschoben, weil für sechs Rollstühle nur drei Helfer vorhanden waren.

Dienstag, 7. Juni 2016




San Francisco Teil 2 
Den Rollstuhl lies ich kurz vor der Sperre stehen. Einer Mitarbeiterin, die mir entgegenkam, wollte ich bescheid geben, dass ich ihn dort ließ. Damit war sie ganz und gar nicht einverstanden, weil ihr so das Trinkgeld durch die Lappen ging. Denn sie forderte mich auf: „ Setzen Sie sich, ich bringe Sie zu Ihrer Familie.“ Ich tat ihr den Gefallen. Nun besaßen wir aber nur zehn, zwanzig oder hundert Dollarscheine, weil wir bis jetzt nichts wechseln konnten. Ich bat meine Freundin, die sehr erstaunt schaute, als sie mich im Rollstuhl sah, um etwas Geld für diese Frau. Sie meinte: „ Das ist nur in Deutschland üblich.“ Weil ich aber weiterhin darauf bestand, holte sie fünf Dollar heraus und gab sie ihr. Als Reaktion gab meine Tochter ihr das Geld zurück und drückte der Angestellten ihre zehn Dollar in die Hand. Sie sah zuvor, wie ein anderer Mann so viel als Trinkgeld herausgerückt hatte. Auf diese Weise waren wir, bevor wir richtig Amerikanischen Boden betraten, schon zehn Dollar los. Sechshundert Dollar die wir in Berlin für Eintausend Euros eintauschten, gingen bis auf ein paar Münzen in den vierzehn Tagen drauf. Dabei bekamen wir in der Wechselstube am Alex noch ein paar Scheine mehr, als sie uns in der Sparkasse anboten. Die weiten Entfernungen auf den teils sechsspurigen Autobahnen, die wir während unseres Aufenthaltes zurücklegten, verwunderten mich. Mir scheint, die Amerikaner leben in anderen Dimensionen. Ich hörte so etwas schon von einer Amerikanerin in Wien. Sie meinte: „Hier kommt mir alles so eng vor. In meiner Heimat habe ich mehr Platz. Ich fahre wieder zurück.“                                                                                         
Mir fielen dort viele hohe Nadelbäume auf, teilweise verbrannt vom Feuer im Nationalpark, aber auf den Wiesen wuchs meist kein Gras. Alles schien durch den extremen Wassermangel vertrocknet zu sein. „ Es regnet und schneit nicht im Winter. Unsere Wasservorräte sind leer.“ teilte mir Christa mit. Ihre Familie stammte ursprünglich aus Osteuropa, aber ich traf sie in Hof an der Saale vor circa fünfzehn Jahren. So lange dauerte es, bis wir sie mal besuchten. Fast jeden Tag unternahmen wir eine Tour oder gingen in der Gegend am Ufer der San Francisco Bay wandern. Zum Abschied lud sie uns zum Essen ins China Restaurant ein. Ich fand es wirklich sehr großzügig von ihr, genauso die Übernachtungen, welche sie für uns beim Nationalpark zuvor buchte. Wir bezahlten dafür ihr Benzin und luden sie zum Essen ein.

Teil 3 
Auf einem Picknicktrip trafen wir einen indischen Eismann, der anscheinend von Mia so begeistert war, dass er uns das nächste Eis schenkte. Nur Mia fand ihn weniger attraktiv. Er fuhr später sogar nahe an unserem Haus vorbei. Wir hörten es an der Melodie, mit der er die Leute zum Eiskaufen heranlockte. Wieder Zuhause in Berlin angekommen, lies Mia ihre Tasche in ihrer Wohnung und brachte meinen Koffer rauf zu mir in den vierten Stock zum Glück mit dem Fahrstuhl. Ich gab ihr meine Schlüssel, damit sie jetzt in ihre Wohnung runter kam. Ihr Schlüsselbund lag ja in ihrer Tasche. Weil am nächsten Tag wegen Himmelfahrt und Vatertag alle Geschäfte geschlossen waren, musste ich noch einkaufen gehen. Außer ein paar Zitronen hatten wir nichts mehr daheim. Nach einer halben Stunde klingelte ich bei ihr, aber alles Klopfen und Rufen half nichts. Die Tür blieb verschlossen. Dass ein Schlüssel an einem Haken immer neben dem Türschlitz hing, vergaß ich. Ich hätte es einfacher haben können und die Leiste am Türrahmen nicht abschrauben brauchen mit Hilfe des Nachbarn, denn inzwischen standen noch zwei weitere Personen neben mir und ein anderer Nachbar beschwerte sich wegen des lauten Spektakels. Es half jedoch alles nichts, die Tür blieb einfach zu. Ein Heizungsinstallateur, der im Haus gerade Reparaturarbeiten ausführte gab mir zum Schluss Gott sei Dank seinen Schlafsack samt Decke und den Schlüssel für eine leere Nachbarwohnung. Ich versprach dem netten Mitbewohner, der mir seinen Kreuzschlitzschraubenzieher borgte, einen Saft mitzubringen. Dafür half er die restlichen Schrauben einzudrehen. Ich war nach einer durchwachten Nacht im Flieger dazu nicht mehr fähig. Meine Hände zitterten zu sehr. Ich schaffte gerade noch den Einkauf. Zurück in der Nachbarwohnung bereitete ich mir ein Nachtlager. Zuvor wusch ich noch ein paar Tassen ab und saugte den Teppich. Nach ein paar Happen Brot mit Käse lag ich da und versuchte einzuschlafen. Ich träumte von meinem schönen, weichen Bett. Im Halbschlaf vernahm ich noch ein Surren, was sich wie die Klingel an meiner Wohnungstür anhörte. Doch als ich ins Treppenhaus schaute, brannte dort kein Licht. „Es schadet nichts“, dachte ich mir. „Schau mal runter zu Mia, vielleicht ist sie ja wach.“ So war es auch und ich bekam endlich meinen Schlüssel zurück. Die Nacht verbrachte ich dann doch noch in meinem eigenen Bett. Alles ging besser aus, als ich ursprünglich dachte.

Gedanken über Gott und die Welt
Wenn ich auf Menschen treffe, die nicht an Gott glauben, höre ich folgenden Einwand: es kann genauso gut auf Zufall beruhen, dass meist dann Hilfe kam, als ich Gott von ganzem Herzen darum bat. Für den einen ist es Zufall, für mich Gott selbst, der Hilfe schickt. Durch Träume tritt er mit mir in direkten Kontakt, oft ohne mein Zutun. Ich stelle ihm Fragen und er beantwortet sie mir richtig, wie sich später herausstellte. Von mir alleine kann ich nicht mal fünf Minuten in die Zukunft schauen, genauso wenig wie ich aus mir heraus andere Menschen heilen kann. Es passiert durch die Kraft Gottes. Er ist der Herr über Leben und Tod. Das ist meine feste Überzeugung begründet auf meinen eigenen Erlebnissen. In meinem Inneren besteht ein großes Bedürfnis, dies vielen Menschen mitzuteilen: Gott antwortet auch heute noch auf unsere Fragen, aber nicht nur das – er hilft wenn wir ihn in Jesu Namen darum bitten. Für die Zukunft wünsche ich mir: viele Menschen mögen es erfahren, so wie es viele in der Vergangenheit schon erlebten. Am Anfang meines Lebens suchte ich nach Vorbildern und glaubte, sie bei den Indianern zu finden, die meiner Meinung nach in direktem Kontakt mit ihren Ursprüngen stehen. Erst allmählich durch Träume, die eintrafen und das Lesen der Bibel erkannte ich Gott als wahren Schöpfer und Erhalter der Menschheit auf unserem Planeten. Das bewirkte in mir eine große innere Ruhe, denn ich muss nicht mehr ziellos umherirren und hasten, so wie es früher der Fall war. Nicht alleine das Gesetz Gottes sondern seine Gnade erlöst mich. Dies zu begreifen ist eine große Erkenntnis. Durch tägliches lesen in seinem Buch bleibe ich in seiner Nähe. Beruht unser Glück wirklich darauf, wie viel Macht oder Geld wir besitzen? Der Teufel versuchte Jesus dreimal in der Wüste und er gab ihm seine richtigen Antworten. Ja, Geld oder Macht sind große Verlockungen, aber machen sie die Menschheit glücklicher? Besteht nicht vielmehr ständig ein Kampf darum? Wie schön wäre das Zusammenleben, wenn Gottes Weisheit alle Menschen begriffen: - in Frieden leben und sich einander helfen. Religionskriege sind überflüssig und vollkommen sinnlos, denn er liebt alle gleich. Wir stehen ja schon in seiner Gnade. Ich werde auch gefragt, wie es sich mit dem Leid in der Welt und einem Gott verhält. Warum lässt er es zu? Kennen wir seinen Willen von Grund auf? Sehe ich als Mensch nicht immer nur einen kleinen Ausschnitt eines großen Ganzen? Natürlich erscheint es mir als schrecklich, wenn Kinder bereits krank werden und sterben müssen. Darauf finde ich als Vater oder Mutter erst mal keine Antwort, aber ich erlebte es ja selbst, wie er uns aus Todesnähe retten kann. Warum er es nicht immer tut, weiß ich nicht, aber ich werde ihn fragen. Vielleicht hat er eine Antwort. In weiteren Geschichten erzähle ich meine Erlebnisse mit Gott.